Das verabschiedete Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde im Juni 2022 verabschiedet und gilt seit dem 1. Januar 2023. Es soll mehr Transparenz über Arbeitsbedingungen und Umweltbelastungen in Lieferketten bringen und helfen, Missstände zu beheben. Unternehmen mit Sitz in Deutschland und mehr als 3.000 Mitarbeitern (Tochterunternehmen eingerechnet) müssen umfangreiche Berichtspflichten erfüllen. Der Anwendungsbereich wird im Jahr 2024 schrittweise ausgeweitet: Auch Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern müssen Berichtspflichten nachkommen und ein Reporting implementieren.
Was ist zu tun?
Es gibt enorme Anforderungen für die Berichtspflicht über menschenrechtliche und umweltbezogene Faktoren entlang der Lieferkette. Die Folge: eine Reihe an Maßnahmen und investigativen Nachforschungen. Dies beginnt mit einer Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte, die jedes betroffene Unternehmen verabschieden muss. Zudem müssen Unternehmen eine jährliche Risikoanalyse durchführen, die alle (un)mittelbaren Zulieferer einschließt. Dabei werden Präventions- und Abhilfemaßnahmen definiert, die bei Verstößen Anwendung finden. Das bedeutet für den Fall von Rechtsverletzungen innerhalb des eigenen Geschäftsbereichs oder bei Kenntnis von Verstößen innerhalb der Lieferkette, dass das Unternehmen unverzüglich Abhilfemaßnahmen einleiten muss. Für dergleichen soll das Unternehmen einen Verantwortlichen bestimmen.
Der Bericht ist bis spätestens vier Monate nach dem Ende des Geschäftsjahres einzureichen und muss öffentlich auf der Website des Unternehmens zugänglich sein. Eine Differenzierung der konkreten Verstöße und der für den Bericht erforderlichen Details finden sich im Gesetzestext und im Fragebogen zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Welche Chancen und Risiken birgt das Reporting?
Bei Verletzung der Berichtspflicht werden hohe Bußgelder fällig. Aus Sicht der Unternehmenskommunikation ergibt sich ein weiteres Risiko: Der Fragebogen für das Reporting verlangt in den meisten Aspekten lediglich Informationen darüber, ob Verstöße vorliegen oder nicht. Der Nutzen eines formalen Berichtes über Verstöße oder Risiken menschenrechtlicher oder umweltbezogener Art ist für die eigene Reputation schwindend gering. Keine Verstöße vorzuweisen, also nichts falsch gemacht zu haben, ist alles, was sich mit dem Bericht positiv darstellen lässt. Damit ist wenig gewonnen in Zeiten, in denen Gesellschaft, Medien, Politik und verstärkt auch Kapitalmärkte auf nachhaltiges Engagement, auf die Einhaltung von Menschenrechten und die Gewährleistung angemessener Arbeitsstandards sowie faire Bezahlung achten. Allerdings können Unternehmen die Berichtspflicht über ein rein formales Reporting hinaus für die CSR- und Nachhaltigkeitskommunikation nutzen.
Die Berichtspflicht für die CSR-, ESG- und Nachhaltigkeitskommunikation nutzen
Der Bericht aus dem Lieferkettengesetz sollte auf die unternehmensstrategischen Ziele einzahlen: Reputation, Stakeholderfrieden, Attraktivität bei (potentiellen) Mitarbeiter, Eigentümern, Investoren, Regulatoren, Zulieferern und Kunden – es geht letztlich um Umsatz und die Wertsteigerung des Unternehmens. Kommunikation ist kein Selbstzweck, sie dient immer der Erreichung strategischer Unternehmensziele. Hierzu lässt sich wie folgt vorgehen:
- Mögliche kritische Themen können im Zuge des Risikomanagements aus dem Lieferkettengesetz hinsichtlich der Reputationsschäden vorgedacht, abgestellt oder in die Szenarienplanung der Krisenkommunikation eingehen.
- Mit Blick auf die Adressaten – Medien, Zulieferer, Kunden, Investoren, Regulatoren, potenzielle Mitarbeiter – lohnt es sich, in einen ansprechenden und hochwertigen Bericht zu investieren, Informationen gut aufzubereiten und Schwerpunkte des eigenen Engagements hervorzuheben. Hierzu lässt sich auf den Bericht zur Lieferkette entweder in der CSR-, ESG- und Nachhaltigkeitskommunikation verweisen – zugleich kann er in Teilen in der CSR- und ESG-Image-Kommunikation integriert werden.
- Der Bericht selbst kann so konzipiert und gestaltet werden, dass er einen breiteren Leserkreis einlädt: Es kann beispielsweise ein gut lesbares Summary dem „technischen“ Teil des Berichts vorangestellt werden. Ein durchdachter Aufbau sorgt für Stringenz und einen intuitiven Lesefluss; eine kommunikative Leitidee integriert die Lieferketten-Compliance in die Positionierung in die CSR- oder ESG-Story und Equity-Story des Unternehmens. Zentrale Werte des Unternehmens lassen sich auch an der Handhabung der Pflichten aus dem Lieferkettengesetz illustrieren und stärken.
- Zielstellungen und Verbesserungspotentiale können transparent aufbereitet werden – ganz so, wie es in der ESG-Kommunikation jenseits von Greenwashing der Standard ist. Risiken werden über die Zeit vermindert und Fortschritte dargestellt. Unwägbarkeiten lassen sich offensiv ansprechen, Glaubwürdigkeit kann das Management auf diese Weise stärken.
- Wichtig ist und bleibt, dass authentisch und ehrlich kommuniziert wird, auch was die Risiken in der Lieferkette betrifft. Wer verschweigt betreibt bereits Greenwashing.